[1991:] 1957 erwarb Elvis Presley - mit seinen zweiundzwanzig Jahren [fast] der berühmteste Mann Amerikas [...] - ein 1939 erbautes Herrenhaus mit weißen Säulen: Graceland, in Memphis, Tennessee. Bis zu seinem Tod am 16. August 1977 - er starb im Badezimmer im Obergeschoß - lebte er dort, zusammen mit seiner Mutter (sie starb 1958), seinem Vater, einer Großmutter, diversen Vettern und Kusinen, seinen bezahlten Freunden und Gefolgsleuten, seinem minderjährigen 'Mündel', das später zu seiner Ehefrau wurde, seiner Tochter und seiner letzten Freundin. [...] Je nachdem, wie man es sah, war er entweder ein Blender gewesen, ein grotesker Abkömmling des weißen Packs aus dem Süden, oder der größte Künstler in der amerikanischen Geschichte. Man hört in Memphis, daß seit seinem Tod mehr Menschen sein Grab auf dem Gelände von Graceland besucht haben (und dabei einen Blick auf den sagenumwobenen pinkfarbenen Cadillac seiner Mutter geworfen haben, der auf einem allgemein zugänglichen Parkplatz steht) als das Grab von Präsident John F. Kennedy. Graceland selbst war bis 1982 für die Öffentlichkeit gesperrt; dann wurde das Erdgeschoß für Besichtigungen freigegeben. 1983 beauftragte Graceland Enterprises, Inc., den Fotografen William Eggleston, offizielle Aufnahmen zu machen. Was man auf Egglestons Bildern zuerst sieht, ist kein Haus im herkömmlichen Sinn, sondern eine zwischen 1957 und 1977 entstandene Version der Grabkammer Tutenchamuns. [...] Man hätte FLORET PAUPER als Motto über das Eingangstor meißeln können, und damit wäre alles gesagt gewesen, was dieses Haus jemals sagen wollte.
Der erste Schock, der den Elvis-Fan bei der Besichtigung von Graceland trifft, ergibt sich aus der geringen Entfernung des Herrenhauses zur Straße (mittlerweile umgetauft in Elvis-Presley-Boulevard), daraus, daß man - wie Elvis - durch die Tore von Graceland direkt auf ein Einkaufszentrum sieht. (Marcus, Dead Elvis 87f.)
Frankie Horrocks, bei Memphis-Wallfahrern als 'Button-Lady' bekannt (sie trägt so viele Elvis-Plaketten, daß sie beim Gehen buchstäblich klimpert) [...] ist etwa Mitte vierzig, raucht eine Zigarette nach der anderen, nimmt kein Blatt vor den Mund, lacht gern und ist eine Frau mit unzerstörbarer Würde. Andere Leute könnten
unzurechnungsfähig erscheinen, äußerten sie das, was Frankie von sich gibt, sie aber erheischt Respekt.
[Sie gibt] ihre Geschichte zum besten: "14. November 1966. Ich sah mir 'Blue Hawaii' an und verknallte mich, dabei war ich gerade frisch verheiratet! Ha! Ich sagte zu meinem Mann, daß ich mich scheiden lassen wollte: 'Ich bin verliebt, aber nicht in dich!'" Schließlich ließ ihr Mann sie ziehen. "Punkt zwei [seines Scheidungsantrages]
lautete: 'exzessive Verehrung von Elvis Presley'. Darauf ich: 'Mensch, das gefällt mir!' Elvis war jemand," sagte
Frankie, "der 99 Prozent meiner Zeit und meines Geldes in Anspruch nahm. Und trotzdem ist mir nie der Gedanke gekommen, mich umzubringen [nach Elvis' Tod]." Als sie die Nachricht hörte, machte sie sich sofort nach Memphis auf und lebt seither dort; sie ließ zwei minderjährige Töchter zurück. Ihre jüngste Tochter war bereits tot, ermordet [...]. Dieses Mädchen war die einzige Seelenverwandte in der Familie, ebenfalls ein Elvisfan. (Marcus, Dead Elvis 138f.)